Wüstenglas / Lechatelierit / Libyanit
Allgemein und Geschichte
|
Tutenchamun Anhänger * |
Lechatelierit (auch libysches Wüstenglas, Libyanit oder kurz LDG genannt) ist ein amorphes Siliziumglas. Es ist kein
eigentliches Mineral, weil es keine Kristallstruktur hat obwohl seine Formel (SiO2) die gleiche ist wie die von Quarz.
|
Steinzeitklinge * |
Seit dem Altertum sammelten Nomaden Lechatelierit in der Sahara. Wegen seiner Seltenheit wurde Lechatelierit (als
geschliffener Skarabäus) in den berühmten Anhänger des Pharao Tutenchamun (1341 - 1323 v. Chr.)
eingebaut. Der italienische Mineraloge Vincenzo de Michele fand 1998 heraus, dass dieser Skarabäus aus
Lechatelierit besteht und nicht, wie vorher angenommen, aus Chalcedon.
Lechatelierit wurde seit prähistorischen Zeiten (mittlere Steinzeit - Jungsteinzeit) als Werkzeug benutzt, was man
an den abgedrückten Kanten dieser Stücke erkennen kann, z.B. an Pfeilspitzen und Klingen. Vor einigen
tausend Jahren war die Libysche Wüste immerhin eine Savanne mit diversen jagdbaren Tieren!
|
1934 Expedition * |
Am 29. Dezember 1932 wurde Lechatelierit erneut entdeckt, von Patrick Andrew Clayton, während einer
ägyptischen Expedition *,
die als erste das "Große Sandmeer" von Osten nach Westen durchquerte.
Im Dezember 1934 organisierte P.A. Clayton eine spezielle Expedition zu dem
Lechatelierit-Fundgebiet * im
ägyptischen Teil der Libyschen Wüste auf 25°30'E und 25°30'N, nördlich des Gilf Kebir Plateaus. Er wurde
begleitet von L.J. Spencer, dem Verantwortlichen für die Mineraliensammlung des Britischen Museums, und anderen
Mineralogen. Sie entdeckten, dass Lechatelierit über eine weite Fläche von ca. 6.500 km2
verstreut war.
* Foto:
© www.egyptarchive.co.uk, Jon Bodsworth.
* Foto:
© www.topgeo.de, Dr. Petr Zajicek.
* Fotos:
© www.fjexpeditions.com, Fliegel Jezerniczky Expeditions.
Originalquelle: Peter Clayton:
"Desert Explorer" (1998)
Entstehung
|
Fulgurit * |
|
Trinitit * |
Lechatelierit wurde möglicherweise durch einen Meteoriteneinschlag vor ca. 28 - 30 Millionen Jahren gebildet,
in der Nähe des Gilf Kebir Plateaus im Südwesten von Ägypten. Es gibt gewisse Ähnlichkeiten zur
Entstehung von
Moldavit in Europa. Lechatelierit könnte somit ebenfalls das Produkt
sein aus einer Metamorphose des vorhandenen Quarzsandes durch den hohen Druck und die Hitze eines Meteoriteneinschlages.
Dabei könnten geschmolzene, glasartige Massen (Tektite) aus fast reinem SiO2 aus dem Einschlagkrater
herausgeworfen worden sein und im heutigen Fundgebiet niedergegangen sein. Die "Fission Track" Datierungsmethode
[Storzer & Wagner (1977)] zeigt für die Lechatelierite ein Alter von ca. 29 Millionen Jahren an.
Lechatelierit kann bedingt auch dadurch entstehen, dass die hohen Temperaturen von Blitzeinschlägen
den Wüstensand schmelzen und dabei glasartige Röhren entstehen lassen. Diese Gebilde nennt man Fulgurite.
Nicht zuletzt kann Lechatelierit auch durch die enorme Hitze bei Atombombenexplosionen über sandigem Boden
entstehen. So bildete sich das künstliche Mineral "Trinitit" beim ersten Atombombentest in Trinity Flats
in New Mexico / USA am 16. Juli 1945.
* Foto:
© António Manuel
Ináçio Martins.
* Foto:
© www.uraniumminerals.com, Paul Schumacher.
Vorkommen
Heute wissen wir, dass Lechatelierit nur an zwei Orten in der Libyschen Wüste gefunden werden kann: einem ovalen
Gebiet mit ca. 130 x 50 km Ausdehnung (mit einer NNW - SSE Achse) und einem kreisförmigen Gebiet mit ca.
50 km Durchmesser. Möglicherweise könnten auch zwei Meteorite eingeschlagen sein.
Lechatelierit findet man in sandfreien Korridoren zwischen den langgestreckten Dünen. Es liegt sowohl an der
Oberfläche, kann aber auch teilweise vom Sand zugeweht worden sein. Alle Lechatelierite wurden vom ständig
wehenden Wüstensand geformt bzw. geglättet.
Farbe und Transparenz
Lechatelierit kann transparent und durchscheinend sein und in unterschiedlichen Farben auftreten: farblos, weiß,
grau, hellgrün oder gelblich. Blasen, helle oder dunkle Streifen oder kleine Cristobalit-Kristalle
können im Glas vorhanden sein.
Die Größe der bisher gefundenen Lechatelierite variiert zwischen weniger als 50 g und mehr als 25 kg.
Mehr Informationen:
© www.cs.sandia.gov,
Mark Boslough.